Die Verortung von Experience-Teams innerhalb eines Unternehmens kann entscheidend für deren Erfolg sein. In meinen über 25 Jahren Erfahrung in verschiedenen Unternehmen habe ich unterschiedliche Modelle erlebt – jedes mit seinen eigenen Vor- und Nachteilen. Diese Erfahrungen haben meine Sicht auf die zentrale Frage geschärft: Wo sollte Experience im Unternehmen angesiedelt sein, um maximale Wirkung zu entfalten?
Die Herausforderung: Experience als integraler Bestandteil der Wertschöpfung
Experience-Teams haben oft eine klare Mission: bessere Kundenerlebnisse gestalten. Doch ihre Position im Unternehmen beeinflusst, wie effektiv sie diese Mission umsetzen können. Ob als interner Dienstleister, Teil des Produktmanagements oder mit eigener Verantwortung für zentrale Touchpoints – die Verankerung bestimmt, wie gut ein Team agieren und Innovation vorantreiben kann. Eine entscheidende Frage dabei ist: Hat das Team die notwendige Eigenständigkeit und Verantwortung, um langfristige Standards und Lösungen umzusetzen, oder ist es abhängig vom Buy-in anderer Bereiche?
Im Folgenden möchte ich fünf Modelle beleuchten, die ich selbst erlebt habe, und deren Vor- und Nachteile skizzieren – ergänzt um Tipps, wie man in jedem Modell das Beste herausholt. Diese Liste hat natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit, die Varianten sind mir aber so oder ähnlich sch häufig begegnet.
1. Interner Dienstleister
Das Experience-Team agiert als interner Dienstleister und unterstützt verschiedene Abteilungen und Projekte auf Anfrage. Es wird meist projektbasiert eingebunden und ist für Ergebnisse verantwortlich, nicht aber für die Umsetzung oder den Betrieb der Lösungen.
Vorteile:
- Hohe Flexibilität, da das Team verschiedene Projekte und Abteilungen unterstützt.
- Breite Expertise durch die Arbeit in unterschiedlichen Bereichen.
Nachteile:
- Keine eigene Verantwortung für Wertschöpfung, was die strategische Relevanz mindert.
- Abhängigkeit von Anfragen aus den Fachbereichen: Ohne Buy-in läuft wenig.
- Standards und langfristige Maßnahmen schwer umsetzbar.
Du arbeitest so - was kannst du tun?
- Proaktiv Standards und Best Practices definieren, die für alle Projekte gelten können.
- Stakeholder-Workshops organisieren, um die Relevanz von Experience stärker zu verankern.
- Regelmäßige Erfolgsgeschichten teilen, um den Wert eurer Arbeit sichtbar zu machen.
2. Im Produktmanagement
Hier arbeitet Experience eng mit Produktmanagement und Business Analysten zusammen, übernimmt Verantwortung für die Analyse und Spezifikation von Produkten und ist oft direkt in die Produktstrategie eingebunden.
Vorteile:
- Direkte Nähe zu den Produktteams sorgt für eine strategische Rolle bei der Produktentwicklung.
- Fokus auf Nutzerbedürfnisse in frühen Projektphasen.
Nachteile:
- Umsetzung und Betrieb werden oft an andere Teams delegiert, sodass es an Praxisnähe mangeln kann.
- Der Fokus auf Anforderungen und Spezifikationen kann Experience auf eine reine Unterstützungsrolle reduzieren.
Du arbeitest so - was kannst du tun?
- Frühzeitig Feedback-Schleifen mit den operativen Teams einbauen, um auch Umsetzungsaspekte zu berücksichtigen.
- Eng mit der IT und anderen Fachbereichen zusammenarbeiten, um eure Lösungen in der Praxis zu testen.
- Die strategische Position nutzen, um Experience in der Produktstrategie zu verankern.
3. In der IT / Anforderungsmanagement
Experience wird als Teil der IT oder des Anforderungsmanagements positioniert. Hier fungiert es als Gatekeeper für die IT-Umsetzung, übernimmt Research und Konzeption und arbeitet eng mit der IT zusammen, um Spezifikationen zu erstellen.
Vorteile:
- Starke Verbindung zur Umsetzung sorgt für praktikable und realisierbare Lösungen.
- Effiziente Zusammenarbeit bei der technischen Spezifikation.
Nachteile:
- Zu spätes Einsteigen in den Prozess kann dazu führen, dass strategische Insights und frühe Research-Arbeiten fehlen.
- Wenig Einfluss auf übergeordnete Prozesse oder strategische Entscheidungen.
Du arbeitest so - was kannst du tun?
- Versuchen, dich früh in Projekte einzubringen, um strategische Insights beizusteuern.
- Schulungen oder Workshops für Fachbereiche anbieten, um den Mehrwert von Experience frühzeitig sichtbar zu machen.
- Langfristig argumentieren, warum Experience in früheren Phasen einen größeren Einfluss haben sollte.
4. Zentral-Abteilung mit Querschnitts-Verantwortung
Das Experience-Team ist zentral verortet und unterstützt übergreifen verschiedene Geschäftseinheiten. Der Fokus liegt auf der Vereinheitlichung und strategischen Ausrichtung, weniger auf der operativen Experience-Arbeit.
Vorteile:
- Möglichkeit, Standards zu definieren und einheitliche Vorgehensweisen zu fördern.
- Einfluss auf globale Initiativen und strategische Projekte.
Nachteile:
- Lokale Buy-ins entscheiden oft über den Erfolg, was Abhängigkeiten schafft.
- Begrenzte operative Wirkung, da Maßnahmen häufig nur koordinierend umgesetzt werden.
Du arbeitest so - was kannst du tun?
- Sicherstellen, dass lokale Teams in die Entwicklung von Standards eingebunden werden.
- Regelmäßig Erfolgsgeschichten aus den Landesgesellschaften teilen, um den Nutzen der zentralen Arbeit zu verdeutlichen.
- Mit anderen zentralen Abteilungen kooperieren, um die globale Relevanz zu stärken.
5. Teil der fachlichen Verantwortung für zentrale Touchpoints
Das Experience-Team übernimmt die Verantwortung für Touchpoints wie Websites, Apps, POS oder Hotlines. Es ist nicht nur für Konzeption und Design zuständig, sondern steuert auch die redaktionelle und technische Weiterentwicklung sowie den operativen Betrieb.
Vorteile:
- Direkte Verantwortung für Wertschöpfung durch die Betreuung zentraler Touchpoints.
- Größerer Hebel, um Standards umzusetzen und strategische Maßnahmen zu steuern.
- Eigenständigkeit in der Priorisierung und Durchsetzung von Anforderungen.
Nachteile:
- Fokus auf spezifische Kanäle kann die Rolle bei übergeordneten Prozessen einschränken.
- Bedarf an enger Zusammenarbeit mit anderen Teams, um kanalübergreifende Konsistenz sicherzustellen.
Du arbeitest so - was kannst du tun?
- Sicherstellen, dass kanalübergreifende Perspektiven berücksichtigt werden, z. B. durch Zusammenarbeit mit CX-Teams.
- Den operativen Erfolg durch messbare KPIs und klare Erfolgsnachweise untermauern.
- Erfahrungswerte aus Touchpoints nutzen, um Standards für andere Kanäle vorzuschlagen.
Gute Experience-Verankerung durch Relevanz und Verantwortung
Aus meinen Erfahrungen zeigt sich eine klare Tendenz: Je stärker ein Experience-Team in der Wertschöpfungskette verankert ist, desto größer ist sein Einfluss. Die direkte Verantwortung für zentrale Prozesse – wie in Modell 5 – ermöglicht es, Standards zu definieren, Anforderungen durchzusetzen und die Kundenerfahrung nachhaltig zu verbessern.
Teams, die hingegen weit entfernt von zentralen Prozessen agieren, sind häufig vom Goodwill anderer Abteilungen abhängig. Ihre Arbeit bleibt punktuell und weniger strategisch. Mein Fazit lautet daher:
Eine gute Verortung lebt davon, dass Experience-Teams nicht nur unterstützend agieren, sondern eine eigene Relevanz und Verantwortung übernehmen. Nur so kann Experience langfristig wirken und das volle Potenzial für das Unternehmen ausschöpfen.
Auch für das Journey Management ist die Verortung im Unternehmen relevant und ein zentraler Bestandteil des Handlungsfeldes „Operations“. Sie legt den Grundstein dafür, wie effektiv Experience-Teams arbeiten und welchen Beitrag sie zur Kundenzentrierung leisten können.
Doch die Verortung ist nur ein Teil einer ganzheitlichen Standortbestimmung: Idealerweise schauen wir auf alle relevanten Handlungsfelder – von Insights über Tools bis hin zur Unternehmenskultur. Finde mit mir gemeinsam heraus, wie dein Unternehmen im Journey Management aufgestellt ist und welche Schritte nötig sind, um CX systematisch zu stärken.